Menschen mit Long COVID / Post-COVID-Erkrankungen können Symptomatiken entwickeln, die mit gängigen Tests schwer zu erklären und mit herkömmlichen Therapien schwer zu behandeln sind. Klinische Untersuchungen und Ergebnisse von routinemäßigen Blutuntersuchungen, Röntgenaufnahmen des Brustkorbs und Elektrokardiogrammen können normal sein. Die Symptome ähneln denen von Menschen mit ME/CFS (myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Erschöpfungssyndrom) und anderen kaum verstandenen chronischen Erkrankungen, die nach anderen Infektionen berichtet werden.
Menschen mit diesen unerklärlichen Symptomen können von ihren Ärzten und Behandlern auch oft missverstanden werden, was dazu führen kann, dass sie lange Zeit brauchen, um eine Diagnose zu erhalten und eine angemessene Versorgung oder Behandlung zu erhalten. Die CDC hat eine Checkliste veröffentlich , um sich bestmöglich auf einen Termin bei einem Arztbesuch vorzubereiten.
Krankheitszeichen
Das Krankheitsbild des Long-COVID-Syndroms ist vielfältig. Und nach bisherigen Erkenntnissen sind die Langzeitfolgen unabhängig von der Schwere der COVID-Erkrankung. Selbst milden oder symptomfreien Verläufen einer Infektion kann ein Long-COVID Syndrom folgen.
Zu den häufigsten gesundheitlichen Langzeitfolgen zählen Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit (Fatigue), Kurzatmigkeit, Luftnot, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme (Gehirnnebel), Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Muskelschwäche- und -schmerzen.
Auch psychische Probleme wie depressive Symptome und Ängstlichkeit werden häufig berichtet. Bei einigen Patienten werden nach durchlebter COVID-Erkrankung trotz später unauffälliger Lungentätigkeit beim Atmen Angstzustände in Form von Erstickungsgefühlen wachgerufen.
Weitere mögliche Erkrankungen, die erst nach der akuten Krankheitsphase auftreten können, sind eine tatsächliche Verschlechterung der Lungenfunktion sowie
weitere Komplikationen an anderen Organen, wie beispielsweise eine Herzmuskelentzündung, Nieren- und Stoffwechselerkrankungen sowie Thromboembolien.
Long-COVID – ein Thema für Ärzte und Psychotherapeuten
Im Zusammenhang mit einer vorangegangenen COVID-19-Infektion werden zunehmend gesundheitliche Langzeitfolgen beobachtet. Kaum ein anderes neues Krankheitsbild beschäftigt so viele Fachrichtungen wie das Long-COVID-Syndrom.
Einerseits aufgrund der Vielfalt der Beschwerden unter denen Patienten leiden, andererseits aufgrund der Tatsache, dass scheinbar Menschen jeden Alters betroffen sein können. Hinzu kommt die dürftige Studien- und Datenlage im deutschsprachigen Raum.
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) hat in ihrer S1-Leitlinie zu LongCOVID/Post-COVID bezüglich der möglichen Symptome folgende Kategorisierung aufgestellt:
- Symptome, die aus der akuten COVID-19-Phase stammen oder deren Symptome, die zu einer neuen gesundheitlichen Einschränkung geführt haben,
- neue Symptome, die nach dem Ende der akuten Phase aufgetreten sind, aber als Folge der COVID-19 Erkrankung verstanden werden,
- Verschlechterung einer vorbestehenden Grunderkrankung. Abweichend zu anderen nationalen Leitlinien zählt die AWMF auch die Verschlechterung von vorbestehenden Grunderkrankungen zum Long-COVID-Syndrom.
Anmerkung: S1-Leitlinie – S1 steht für die niedrigste Qualität einer Leitlinie. Da grundlegende Erkenntnisse aus klinischer Forschung noch fehlen, basiert eine S1-Leitlinie lediglich auf einem informellen Konsens von Experten.
So vielfältig wie die möglichen Symptome sind, so vielschichtig stellen sich die Funktions- und Leistungseinschränkungen betroffener Patienten dar. Nicht jeder Long-COVID-Patient ist arbeitsunfähig. Aber alle Long-COVID-Betroffenen leiden unter den langandauernden Einschränkungen und Veränderungen, die ihre COVID-19-Erkrankung mit sich gebracht hat.
Ursachen
Die genauen Ursachen für ein Long-COVID-Syndrom sind bislang nicht bekannt. Es gibt verschiedene Vermutungen und Verdachtsmomente. Vielfach wird von einem multifaktoriellen Zusammenwirken verschiedener Einflussgrößen ausgegangen. Erste Studien weisen in interessante Richtungen. Langandauernde Gewebeschädigungen, übermäßige Entzündungsreaktionen, eine Persistenz von Virusbestandteilen lange Zeit nach der überstandenen Infektion und Autoimmunreaktionen könnten eine ursächliche
Rolle spielen.